Regionalgruppe Dresden

Offener Brief zur Prüfung der Einrichtung einer Fährverbindung Pieschen – Ostragehege

02. Mai 2024 | Lebensräume, Naturschutz

Offener Brief zum Beschluss des Stadtrates „Weiterer Umgang mit einer Elbquerung im Bereich Pieschen/Ostragehege“ (Beschlussausfertigung SR A0408 22) an die Stadtverwaltung und die Stadtpolitik Dresden

02.05.2024

Wir begrüßen den Beschluss des Stadtrats, den Stadtteil Pieschen und das Ostragehege nicht durch eine Brücke zu verbinden. Der in derselben Sitzung gefasste Beschluss, die Einrichtung einer Fährverbindung zwischen dem Pieschener Winkel und der Pieschener Allee im Ostragehege prüfen zu lassen, wirft jedoch aus der Sicht der AG Naturschutz in der Stadtpolitik des BUND Dresden nicht weniger Fragen auf. Die Sorge, dass eine Fähre den Naturraum des Ostrageheges erheblich beeinträchtigen würde, konnte bisher nicht entkräftet werden.

Wie vom BUND Dresden e.V. bereits 2023 in seinem Positionspapier zur Entwicklung des Ostrageheges verdeutlicht, hat das Ostragehege eine besondere Bedeutung für den Naturschutz, den Hochwasserschutz, die Naherholung und den Biotopverbund der Stadt. Es ist Teil des Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und gleichnamigen Vogelschutzgebietes (SPA) „Elbtal zwischen Schöna und Mühlberg“ sowie des Landschaftsschutzgebiets (LSG) „Dresdner Elbwiesen und -altarme“ und umfasst zwei Flächennaturdenkmale. Die Auswirkungen auf das Flächennatur- und Kulturdenkmal „Pieschener Allee“ wären besonders weitreichend und gravierend.

Deshalb muss aus unserer Sicht detailliert und umfassend geprüft werden, welche Auswirkungen eine Fährverbindung auf den Naturraum als Ganzes, aber auch auf einzelne Arten wie die Kleine Wiesenraute oder den Eremit hätte. Dafür wird zunächst eine Aktualisierung der Daten aller im Ostragehege vorkommenden geschützten Arten benötigt. Außerdem sind aus Sicht der AG nicht nur die Folgen der Errichtung des Fähranlegers an sich, also die Baumaßnahmen, zu untersuchen. Auch die Folgen und Nebenwirkungen, die eine Fährverbindung auslösen würde, wie die Einrichtung und Befestigung von Zufahrten für Rettungsfahrzeuge, Wartebereich für Benutzer*innen der Fähre, Beschilderung, Einrichtung von Beleuchtung, stärkere Frequentierung und steigende Müllbelastung müssen in die Abwägung einbezogen werden. Die Betrachtung der Folgen und Konflikte in der Untersuchung von Elbquerungsmöglichkeiten aus 2014 sind mittlerweile infolge der Entwicklung des potentiellen Einzugsbereichs als überholt einzuschätzen.

Über die naturschutzfachlichen Einwände hinaus ergeben sich Fragen zur Wirtschaftlichkeit einer Fähre. Zwar enthält die Grundlagenbetrachtung von 2021[1] eine Kostenschätzung, aber auch deren Aktualität ist fraglich. Wurden in der Betrachtung der Wirtschaftlichkeit auch Alternativen wie der fahrradfreundliche Umbau der Leipziger Straße und eine verbesserte Anbindung des Elberadwegs an die Marienbrücke erwogen, mit denen das Ziel, den Radverkehr zu fördern, ebenfalls erreicht werden könnte?

Warum wird darüber hinaus im Auftrag des Stadtrats nur ein möglicher Fährstandort beim Gasthaus Watzke geprüft? In der Grundlagenuntersuchung von 2014[2] ist der Standort „Alexander-Puschkin-Platz“ als relevante Option eingestuft worden und schnitt aus umweltplanerischer Sicht besser ab als die Variante „Pieschener Winkel“.

Schließlich sollte es neben dem Erhalt der Natur prioritär sein, die Erholungsfunktion des Ostrageheges für den Stadtteil Friedrichstadt beizubehalten. Die Friedrichstadt hat durch Neubauten in den letzten Jahren eine hohe Nachverdichtung erfahren und weist unserer Einschätzung nach wenige Grünflächen auf. Die Zunahme von Großveranstaltungen im Ostragehege vermindert ebenfalls die Erholungsfunktion. Der Bedarf an einem naturnahen Naherholungsgebiet für die Friedrichstadt ist enorm. Der Stadtteil Pieschen dagegen dürfte mit den östlichen Elbwiesen, der Dresdner Junge Heide, dem Heller und dem geplanten Stadtpark Hufewiesen bereits gut mit Grünflächen versorgt sein. Als Voraussetzung für eine verantwortbare Entscheidung des Stadtrates sollte zunächst nachgewiesen werden, welche dringenden Bedarfe durch eine Fährverbindung zwischen Pieschen und dem Ostragehege zu decken wären.

Wir fordern die verantwortlichen Stadträtinnen und Stadträte sowie die Mitglieder der Stadtbezirksbeiräte in Dresden-Pieschen, Dresden-Neustadt und Dresden-Altstadt (mit Friedrichstadt) auf, die o.g. Gesichtspunkte im laufenden Untersuchungs- und Entscheidungsprozess zur Geltung zu bringen.

Dresden, den 02.05.2024

Arbeitsgruppe Naturschutz in der Stadtpolitik, BUND Dresden e.V.

[1] Grundlagenbetrachtung zu einer Elbquerung zwischen Pieschen und dem Ostragehege. Landeshauptstadt Dresden, Stadtplanungsamt, Abt. Verkehrsentwicklungsplanung, 08.07.2021 (Präsentation)

[2] Untersuchungen zu neuen Elbequerungen Ostragehege. Schlussbericht. VERKEHRSPLANUNG Köhler und Taubmann GmbH, Landschaftsarchitekturbüro Grohmann, i.A. Landeshauptstadt Dresden Stadtplanungsamt Abteilung Verkehrsentwicklungsplanung, 14.11.2014

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